Nachdem ich 13 Jahre lang zur Schule gegangen war, ohne in irgendeiner Form zu lernen, wie Dinge hergestellt werden, entschloss ich mich Ende der 80ziger Jahre zunächst einmal eine Tischlerlehre zu machen. Wenig bewusst war mir damals, das dies die ersten Schritte auf meinem persönlichen Holzweg waren, den ich noch immer verfolge.
Nach einem Jahr Tischlerei wechselte zum Zimmern und lernte im Wendland in einem kleinen Familienbetrieb, der jenseits von Raum und Zeit zu existieren schien, Fachwerkhäuser zu bauen und zu restaurieren. Meinem dortigen Lehrmeister Günther Herbst, der eine unendliche Geduld aufbrachte, seine Lehrlinge selbsständig traditionellen Holzbau lernen zu lassen, verdanke ich meine Grundlagen, und eine Liebe zum Dexel, dem Werkzeug mit dem dort alle Holzverbindungen ausgearbeitet wurden. Dass der Betrieb ein halbes Industriemuseum war, kam meinem Interesse für Geschichte entgegen, und mir wurde bewusst, das viele von den Techniken, die ich lernte, schon fast ausgestorben waren.
Um neue Dimensionen zu erkunden, besuchte ich danach für 2 Semester die Holzbildhauerklasse an der Werkkunstschule in Flensburg. Hier lernte ich die Grundlagen des Schnitzens, und zum ersten Mal, meine Werkzeuge wirklich rasiermesserscharf zu schleifen.
Mit diesem Rüstzeug ging ich 1995 auf traditionelle Wanderschaft und reiste die nächsten 4 Jahre lang mit Stock und Hut durch Deutschland und Nordeuropa. Diese Zeit wurde zu einem persönlichen Studium meines Handwerks. Ich arbeitete mit verschiedensten Handwerkern, Künstlern, Archäologen und Museen, und spezialisierte mich mehr und mehr auf traditionelle Holzarbeiten. Durch eigene Versuche erkundete ich die Welt des Grünholzarbeitens, begann selber lokales Holz zu ernten und durch Spalten aufzuschliessen, und baute meine ersten Hobelpferde.
Zu Beginn meines vierten Reisejahres führten mich meine Wege nach Grossbitannien, wo ich zum ersten Mal auf Menschen traf, die hauptberuflich Grünholzarbeiten machten. Bei Mike Abbott, (www.living-wood.co.uk) dem Autor des Standardwerks “Green Woodworking”, hospitierte ich für 3 Monate in seiner Kurswerkstatt. Dort lernte ich Wippdrechseln, Stuhlbau und auch das Unterrichten. Danach tauchte ich bei Hugh Roberts (www.welshstickchairs.co.uk) in Nordwales in die faszinierende Welt der Welsh-Stick-Chairs ein, alte Bauernmöbel, die komplett aus Grünholz hergestellt sind, und ich erlernte von Robin Wood (www.robin-wood.co.uk) die Feinheiten des Schalendrechselns auf der Wippdrehbank und des Löffelschnitzens.
Daneben hatte ich Gelegenheit, mit Timberframer Henry Russell in Schottland komplett von Hand einen Cruckframe zu bauen. Crucks sind ein wunderschöner britischer Fachwerkstil mit vielen krummen Hölzern, bei dem die Häuser in etwa so aussehen wie ein umgedrehtes Boot. Gemeinsam nahmen wir dann noch an einem Projekt der Timber Framers Guild teil und bauten an den Ufern des Loch Ness zwei Trebuchets nach, gigantische mittelalterliche Steinschleudern (Medieval Siege Engines)
Neben den vielen handwerklichen Techniken, die ich in dort lernen konnte, begann ich in England vermehrt Wissen über Wald und Bäume zu sammeln. Ich lernte historische Waldbewirtschaftungsformen kenne, half bei Ernte in alten Niederwäldern mit und besuchte viele Baumveteranen, insbesondere einige der ururalten Eiben, die dort noch stehen.
Seit 2003 lebe und arbeite ich gemeinsam mit meiner Frau, der britischen Holzbildhauerin Katy Schütte, in Nieperfitz auf der Grenze zwischen dem Landkreis Lüneburg und dem Wendland. Dort am Nordrand der Göhrde unterhalten wir unser Atelier Gehölz & Gestalt, in dem unsere regelmässigen Kurse stattfinden. Nah bei liegt auch das Paradies, ein kleiner, urwaldähnlicher Laubmischwald, den wir konsequent naturnah und ökologisch bewirtschaften, um dort den größten Teil unseres Materials selbst zu ernten.
Seit 2011 bin ich zudem noch als Wald- und Naturpädagoge im Naturum Göhrde tätig, einem kleinen Waldmuseum zur Flora, Fauna und Geschichte der Göhrde. Der Göhrdewald als einer der größten historisch-alten Laubmischwälder Niedersachsens ist ein einzigartiger Naturraum. Unter uralten Traubeneichen tummeln sich hier Hirschkäfer, Rotwild, Wölfe und viele andere bedrohte Arten.
Dort habe ich 2013 das Projekt „Ein Baum aus der Göhrde“ initiiert. Über einen Zeitraum von drei Jahren habe ich zusammen mit 30 anderen Handwerkern, Künstlern, Förstern und Ökologen eine Göhrdeeiche be- und verarbeitet. Wir versuchten, gemeinsam zu zeigen, was alles in einem einzigen Baum steckt. (Die Geschichte des Baumes und was aus ihm wurde ist auch in einem Buch aufgearbeitet, das im Naturum bestellte werden kann, www.naturum-goehrde.de)